Mittwoch, 7. September 2011

Kosten des Studiums als Werbungskosten abzugsfähig! / Anteilige Werbungskosten bei einem Sprachkurs im Ausland / Aussetzung der Vollziehung auch im Fall von § 8 c Abs. 1 S. 2 KStG (Sanierungsklausel)

1.      Kosten des Studiums als Werbungskosten abzugsfähig!

Das ist doch mal wieder eine Überraschung.

So mancher Unternehmer hat sich in der Vergangenheit bemüht, die Kosten für das Studium des Filius oder der Tochter steuerlich geltend zu machen. Die Kinder wurden im Betrieb beschäftigt, damit sie ihr Geld selber verdienen konnten, welches sie für ihr Studium benötigten. Nur zu dumm, dass dieses Gehalt dann lohnversteuert wurde und die Kosten des Studiums nicht absetzbar waren. Deshalb wurden, so habe ich gehört, ganz kreativ Betriebsausgaben formuliert, deren Absetzbarkeit meist nur bis zur nächsten Betriebsprüfung reichte. Wenn darüber hinaus dann noch festgestellt wurde, dass der Filius kaum im Unternehmen war, dann war der Ärger besonders groß, weil auch das „Gehalt“ des Kindes als nicht abzugsfähig beurteilt wurde. Es soll Finanzbeamte gegeben haben, die derartige Kreativitäten als Steuerhinterziehung beurteilten.
Wie fast durchgängig in der Tagespresse nachzulesen war, ließ der Bundesfinanzhof mit seinen 2 Urteilen vom 28. 7. 2011 (VI R 7/10 und VI R 38/10) den Werbungskostenabzug für die erstmalige Berufsausbildung eines Piloten zu und ebenfalls, das ist besonders erstaunlich, für die Aufwendungen für ein Medizinstudium, welches im Anschluss an das Abitur durchgeführt worden war.
Werbungskosten sind gem. § 9 EStG Aufwendungen zum Erwerb, zur Sicherung und zum Erhalt der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.  
Gem. § 12 EStG dürfen aber Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, wenn dies nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden, nicht abgezogen werden, es sei denn, es sind definierte Sonderausgaben. Der Pilot wurde nicht von seinem Arbeitgeber im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgebildet, sondern bei einer Tochtergesellschaft seines späteren Arbeitgebers. Das im Anschluss an das Abitur durchgeführte Medizinstudium war ein klassisches Erststudium i.S.v. § 12 EStG. Man sollte meinen, dass die Fälle klar sind – also zu Sonderausgaben führen.

Ich habe hier nicht den Platz, die beiden Urteile eingehend zu kommentieren. Im Ergebnis musste sich der Gesetzgeber aber vom BFH vorhalten lassen, seinen Gesetzestext nicht ausreichend genau formuliert zu haben. In beiden Fällen konnten die Kläger begründen, dass es einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen zur Ausbildung und der nachfolgenden Berufstätigkeit und den daraus erzielten Einkünften gibt. So werden aber keine Sonderausgaben, sondern Werbungskosten definiert. Genau diesen Schluss zieht der BFH auch.
Das ist besonders schön, weil Werbungskosten zu Verlustvorträgen führen können, die auch in späteren Jahren abzugsfähig sind.

Natürlich werden im Bundesfinanzministerium bereits mit Hochdruck daran gearbeitet, die fatalen Folgen dieser Rechtsprechung mit Blick auf die Steuereinnahmen möglichst rückwirkend, sicher aber für die Zukunft zu verhindern. Ich gehe davon aus, dass eine rückwirkende Regelung nicht möglich sein wird.
                     
Für Ihre studierenden Kinder sollten Sie jetzt unbedingt von Ihrem Steuerberater prüfen lassen, ob für diese jetzt noch eine Einkommensteuererklärung möglich und sinnvoll ist. Bis zum 31.12.2011 kann grundsätzlich noch die Erklärung für 2007 abgegeben werden. Wenn Sie einmal dabei sind, erklären Sie doch gleich die Jahre 2007 bis 2010. Selbst wenn sich für diese Jahre keine Steuererstattung errechnen lässt, weil Ihre Kinder ja nicht berufstätig waren und möglicherweise auch keine eigenen Einkünfte erzielt haben, werden durch die Geltendmachung von Werbungskosten wie Studiengebühren, doppelter Haushalt, Fachliteratur, Fahren zum Studienort usw. Verluste entstehen, die nach dem Studium mit den jeweiligen Einnahmen verrechnet werden dürfen.

2.      Anteilige Werbungskosten bei einem Sprachkurs im Ausland

Die Ferienzeit ist vorüber. Möglicherweise haben Sie diese Zeit auch genutzt, um Ihre Sprachfertigkeit im Ausland zu verbessern. Dann sollten Sie weiterlesen.

Seitdem der große Senat des BFH mit seinem Beschluss v. 21. 9. 2009 –GrS 1/06 die Aufteilung von doppelt motivierten, mit einem Sprachkurs verbundenen Reisekosten zugelassen hat, gibt es dem Grunde nach keine Zweifel mehr, anteilige Reisekosten als Werbungskosten geltend machen zu dürfen.
Als sachgerechter Aufteilungsmaßstab kommt grundsätzlich das Verhältnis der beruflich und der privat veranlassten Zeitanteile der Reise in Betracht. Dazu ist es jedoch erforderlich, dass die maßstabbildenden, eindeutig zuzuordnenden Veranlassungsbeiträge nacheinander verwirklicht werden. Das ist jedoch nicht immer der Fall.
Dann wird es mit der Aufteilung schwierig. Zu diesem Problem hat der BFH mit seinem Urteil vom 24. 2. 2011 – VI R 12/10, veröffentlicht am 18. 5. 2011, einige Hinweise gegeben.  Es sind jetzt die Gesamtumstände des Einzelfalls zu würdigen. Es darf dabei nicht darauf abgestellt werden, dass ein Besuch von Sprachkursen im Inland den gleichen Erfolg hätte haben können. Auch die erhöhten Kosten des Auslandsaufenthaltes sind nicht relevant für die Zuordnung der Kostenanteile. Andererseits darf der touristische Wert des Aufenthaltes im Ausland nicht unbeachtet bleiben. Mit diesen Maßgaben verwies der BFH den Rechtstreit wieder an das Finanzgericht zurück.
Aus den Ausführungen des Senates ist unschwer erkennbar, dass es auf die sorgfältige Begründung der beruflichen Veranlassung ankommt. Wenn es, wie im entschiedenen Fall, um 5.294 € oder sogar mehr Werbungskosten geht, kann sich das schon lohnen.

3.      Aussetzung der Vollziehung auch im Fall von § 8 c Abs. 1 S. 2 KStG (Sanierungsklausel)

Das FG Münster hat mit seinem Urteil vom 1. 8. 2011 – 9 V 357/11 K,G – all jenen  Unternehmen eine wunderbare Argumentationshilfe geliefert, die aufgrund der Entscheidung der Europäischen Kommission Verlustvorträge nicht mehr verrechnen dürfen.
Zu Ihrer Erinnerung: § 8 c KStG regelt die Verrechenbarkeit von Verlustvorträgen in den Fällen der Veräußerung von Anteilen an einer  Kapitalgesellschaft. Diese gehen ganz oder teilweise verloren, wenn mehr als 25 % der Anteile veräußert werden. Als Ausnahme gestattet der aktuelle Text des § 8 c Abs. 1 S. 2 KStG die volle Verrechenbarkeit in den Fällen, in denen die sogenannte „Sanierungsklausel“ greift. Diesen Vorteil sah die Europäische Kommission als unvereinbare Beihilfe. Deshalb durfte die Finanzverwaltung die Sanierungsklausel nicht mehr anwenden. Auch die Aussetzung der Vollziehung aller durch den drohenden Wegfall der Sanierungsklausel entstehenden Steuerzahlungen wurde nicht mehr gewährt. Das FG Münster hat einem solchen Antrag aber mit Blick auf den ansonsten für die Antragstellerin drohenden schweren, nicht wiedergutzumachenden Schaden entsprochen und die Entscheidung mit ernstlichen Zweifeln an der Auffassung der Europäischen Kommission begründet. 
Es könnte sich für Sie lohnen, den Urteilstext zu lesen, wenn die Veranlagungsstelle Ihnen  die Verlustverrechnung wegen § 8 c Abs. 1 S. 2 KStG versagt und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der dann festzusetzenden Steuern ablehnt. Jetzt können Sie dagegen erfolgreich Einspruch einlegen.