Donnerstag, 11. August 2011

Grunderwerbsteuer als abzugsfähige Betriebsausgabe / Ein Windpark besteht aus mehreren selbständigen Wirtschaftsgütern, die eine einheitliche Nutzungsdauer haben / Wann ist die Wertminderung bei Anteilen an Aktienfonds dauerhaft?


1.      Grunderwerbsteuer als abzugsfähige Betriebsausgabe

Grundsätzlich fällt beim Kauf eines Grundstücks Grunderwerbsteuer an. Diese beträgt in Sachsen 3,5 % des Kaufpreises. Es ist unbestritten, dass die Steuer zu den Anschaffungsnebenkosten des Grundstücks gehört und damit dessen Schicksal teilt, d.h. entweder gar nicht beim Erwerb von Grund und Boden oder mit 2,0 bis 3,0 % beim anteiligen Gebäudeanteil abgeschrieben werden kann.
Der BFH hat mit seinem Urteil v. 20. April 2011 I R 2/10 zur Grunderwerbsteuerbegründung durch den Sondertatbestand der Anteilsvereinigung Stellung genommen. Gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG fällt auch dann Grunderwerbsteuer an, wenn durch die Übertragung von Anteilen mittelbar oder unmittelbar mindestens 95 % der Anteile einer Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden. Das bedeutet z.B., dass ein Erwerber, der 94,9 % der Anteile an einer GmbH besitzt, durch einen Zukauf von 0,1 % der Anteile Grunderwerbsteuer auf den gesamten Grundbesitz der Gesellschaft begründet. Das ändert sich nun leider nicht durch das BFH Urteil.

Aber das Urteil ist insofern interessant, als dass danach die so begründete Grunderwerbsteuer nicht als Anschaffungsnebenkosten der hinzuerworbenen Geschäftsanteile, sondern als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben anzusehen ist. Der BFH begründete sein Urteil damit, dass das Grundstück unverändert im Eigentum derselben Gesellschaft steht und es sich nicht um eine „Anschaffung“, sondern lediglich um einen fiktiven Erwerb für grunderwerbsteuerliche Zwecke handelt.

2.      Ein Windpark besteht aus mehreren selbständigen Wirtschaftsgütern, die eine einheitliche Nutzungsdauer haben

Mit seinem Urteil vom 14. 4. 2011 (IV R 46/09; veröffentlicht am 1. 6. 2011) hat der BFH klargestellt, dass ein Windpark aus mehreren selbständigen Wirtschaftsgütern besteht. Außerdem führte er in seinem zweiten Leitsatz aus, dass alle Wirtschaftsgüter eines Windparks in Anlehnung an die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Windkraftanlagen grundsätzlich über denselben Zeitraum abzuschreiben sind. Im verhandelten Sachverhalt waren das 16 Jahre. Hier wich er von den Vorstellungen der Finanzverwaltung ab, die unterschiedliche Nutzungsdauern unterstellt hatte.
Dass der BFH in diesem Urteil verschiedene Nutzungsdauern anders festlegte als dies die Finanzverwaltung vorsah, ist nicht das spektakuläre dieser Entscheidung. Ich erwähne das Urteil insbesondere deshalb, weil die höchste Instanz, die über steuerliche Sachverhalte richtet, sich sehr ausführlich darüber ausgelassen hat, wann ein selbständiges Wirtschaftsgut auf andere selbständige Wirtschaftsgüter eine für die Nutzungsdauer prägende Wirkung ausübt. Und das unter Berücksichtigung (vgl. Tz 28a des Urteils) des Grundsatzes zur Einzelbewertung selbständiger Wirtschaftsgüter. Danach kann ein Wirtschaftsgut nur eine einheitliche Nutzungsdauer haben, unabhängig davon, ob einzelne unselbständige Teile des Wirtschaftsgutes eine kürzere oder längere Nutzungsdauer haben. Maßgebend sei die Nutzungsdauer des Teils, welches dem Wirtschaftsgut das Gepräge gibt. Der BFH überträgt also einen Gedanken, der ein einzelnes Wirtschaftsgut betrifft, auf eine Anlage, die aus mehreren selbständigen Wirtschaftsgütern besteht.
Mit dieser Entscheidung lässt sich auch eine Argumentationsbasis für völlig andere Sachverhalte schaffen, in denen die Finanzverwaltung Nutzungsdauern zu Lasten des Steuerpflichtigen verlängert.


3.      Wann ist die Wertminderung bei Anteilen an Aktienfonds dauerhaft?

Klar geregelt war bisher, dass eine voraussichtlich dauernde Wertminderung von Anteilen an einer börsennotierten Kapitalgesellschaft, die zu einer steuerlich wirksamen Abschreibung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG führen kann, dann vorliegt, wenn der Börsenwert zum Bilanzstichtag unter die Anschaffungskosten gesunken ist und zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung keine konkreten Anhaltspunkte für eine alsbaldige Wertaufholung vorliegen.
Nicht entschieden war allerdings, ob dies auch gilt, wenn Anteile an Aktieninvestmentfonds bewertet werden sollen. Das hat der Bundesfinanzminister mit einem Erlass zum Vorliegen einer voraussichtlich dauernden Wertminderung bei Anteilen an Aktienfonds, die als Finanzanlagen gehalten werden, nun nachgeholt (Schreiben v. 5. 7. 2011 – IV C 1 – S 1980 – 1/10/100011: 006).
Das BMF-Schreiben nimmt zur Bewertung von Anteilen an Investmentfonds Stellung, die mindestens 51 % des Vermögens in börsennotierte Aktien investieren. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse im Vermögen des Fonds zum Bilanzstichtag an. Besteht also das Vermögen zum Bilanzstichtag zu mehr als 51 % aus Aktien an börsennotierten Gesellschaften, ist eine Wertminderung eines Anteils am Fonds grundsätzlich in vollem Umfang anzuerkennen, wenn eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vorliegt. Das wiederum ist dann der Fall, wenn der Rücknahmepreis des Fondsanteils im Anlagevermögen zu dem jeweils aktuellen Bilanzstichtag um mehr als 40 % unter die Anschaffungskosten gesunken ist oder zu dem jeweils aktuellen Bilanzstichtag und dem vorangegangenen Bilanzstichtag um mehr als 25 % unter die Anschaffungskosten gesunken ist. Wertaufhellende Erkenntnisse bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Handels- oder Steuerbilanz sind zu berücksichtigen.
Bitte beachten Sie, dass die beschriebene Teilwertberichtigung nur bei einem betrieblichen Anleger, der eine natürliche Person ist, steuerliche Wirkungen entfaltet. Im Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft ergeben sich wegen § 8 b KStG keine steuerlichen Auswirkungen aufgrund einer Teilwertabschreibung auf Anteilsbesitz.