Mittwoch, 3. Februar 2010

Erbschaftsteuer, Basiszins für das einfache Ertragswertverfahren, BFH kippt das Aufteilungs- und Abzugsverbot, Die Erbschaftsteuer steht auf dem Prüfs

1. Erbschaftsteuer, Basiszins für das einfache Ertragswertverfahren

Ist aufgrund einer Schenkung oder Erbschaft der Wert eines Betriebsvermögens zu bestimmen, kann das vereinfachte Ertragswertverfahren i.S.v. § 200 BewG angewendet werden. Benötigt wird dazu ein Kapitalisierungsfaktor, der seinerseits auf dem sogenannten Basiszins aufbaut. Die Bundesbank hat am 4. Januar 2010 den Basiszins in Höhe von 3,98 Prozent errechnet. Das teilt das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit seinem Rundschreiben (RS 685169) vom 5. Januar 2010 mit. Gleichzeitig verwies das BMF darauf, dass der Basiszins nicht nur für nicht börsennotierte Aktien, sondern auch für nicht notierte Anteile an Kapitalgesellschaften sowie für Betriebsvermögen und Anteile an Personengesellschaften (§§ 199, 200) gilt.

2. BFH kippt das Aufteilungs- und Abzugsverbot

Mit dem Beschluss vom 21. September 2009 (GrS 1/06) hat der BFH das „ Jahrhunderte alte Aufteilungsverbot für Ausgaben, die zugleich beruflich und privat motiviert sind“, gekippt (FAZ vom 25. Januar 2010).

Im Leitsatz dieser Entscheidung weist der große Senat des BFH darauf hin, dass Aufwendungen für die Hin- und Rückreise bei gemischt beruflich (betrieblich) und privat veranlassten Reisen grundsätzlich in abziehbare Werbungskosten oder Betriebsausgaben und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung nach Maßgabe der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile der Reise aufgeteilt werden, wenn die beruflich veranlassten Zeitanteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind.

Hiermit hat der BFH eine uralte Rechtssprechung gänzlich aufgegeben. Die überkommene Rechtssprechung widersprach dem steuersystematisch wichtigen Nettoprinzip, nach dem nur der Saldo aus betrieblichen/beruflichen Einnahmen und Aufwendungen der Einkommensteuer unterliegen darf. In der Literatur wurde die alte Rechtssprechung des BFH heftig kritisiert. Dagegen hatte sich die Finanzverwaltung immer wieder erfolgreich mit dem Argument gewehrt, dass sie nicht über ausreichende Kontrollmöglichkeiten verfüge und Steuerpflichtige vermehrt darauf drängen, gemischt veranlasste Aufwendungen zum Teil absetzen zu dürfen.

Dies war sicher so und wird auch weiterhin so sein. Allerdings wird der Steuerpflichtige in jedem Fall den Nachweis zu erbringen haben, welche Anteile an den Ausgaben beruflich veranlasst ist. Zweifel werden immer zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen. Deshalb ist es unerlässlich, zukünftig präzise Beweise zu sammeln, die als Argumentationshilfe zum Nachweis der Abzugsfähigkeit dienen können.

Es kann sich also lohnen, dieses Thema mit Ihrem Steuerberater zu besprechen und sämtliche Ausgaben, die bisher als nicht abzugsfähig galten, weil sie zum Teil privat veranlasst waren, daraufhin zu prüfen, in welcher Höhe eine betriebliche Veranlassung nachweisbar ist.

3. Die Erbschaftsteuer steht auf dem Prüfstand

In der FAZ vom 28.12.2009 wurde berichtet, dass sich das Bundesverfassungsgericht mit der Reform der Erbschaftsteuer (in der ab 2009 geltenden Fassung) auseinandersetzen müsse. Der Verfassungsrechtler Prof. Dr. Dietrich Murswik von der Universität Freiburg habe drei Verfassungsbeschwerden eingereicht. Er bestreite die Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Artikel 105 Abs. 2 Grundgesetz) im Rahmen der Reform der Erbschaftsteuer. Tätsächlich stehe das Aufkommen der Erbschaftsteuer den Ländern zu, dementsprechend habe der Bund das Gesetzgebungsrecht nur, wenn und soweit die Herstellung gleicher Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse einer bundesgesetzlichen Regelung erforderlich sei. Genau diese Bedingungen sieht Prof. Murswik als nicht gegeben an.

Darüber hinaus ist die Frage eines Steuerpflichtigen anhängig, der von seinem Bruder sowohl Betriebsanteile als auch Geld geschenkt bekommen hatte. Er klagt wegen der Ungleichbehandlung von Betriebs- und Geldvermögen im Schenkungsteuerrecht (BFH – AZ. II B 168/09). In ähnlicher Sache hat das Finanzgericht München einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wegen möglicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 19 Abs.1 Erbschaftsteuergesetz (FG München, Beschluss vom 5.10.2009 – 4 V 1548/09) abgewiesen. In diesem Verfahren stritten die Beteiligten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Schenkungssteuer, weil durch den Verschonungsabschlag (85 % Regelverschonung) Betriebsvermögen wesentlich günstiger besteuert wird als Barschenkungen, die mit dem Nennbetrag der Besteuerung unterworfen werden. Dies sei eine verfassungsmäßig nicht erlaubte Ungleichbehandlung. Gegen die Entscheidung, dass die Aussetzung der Vollziehung nicht gewährt wurde, wurde Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde wurde zur Entscheidung zum BFH zugelassen.

Sämtliche Vorgänge sind noch nicht abgeschlossen Das Ergebnis bleibt abzuwarten. Für diejenigen unter Ihnen, die derzeit eine Erbschaftsteuererklärung abgeben müssen, eröffnen die beschriebenen Verfahren eine Möglichkeit, Einsprüche geltend zu machen, damit die Schenkungsteuerveranlagungen nicht bestandskräftig werden. Dieser Aufschub kann in manchen Fällen hilfreich sein.

Bis zum Eintritt der formellen Bestandkraft der Festsetzung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer darf der Steuerpflichtige selbst wählen, ob er 85 % oder 100 % Verschonung auf sein Betriebsvermögen erhält. Die Wahl zugunsten der 100 % - Verschonung ist allerdings nicht ganz risikolos, da Wohlverhaltensregeln beachtet werden müssen. Diese beziehen sich auf die Einhaltung von Fristen und das Erreichen von Lohnsummen. Je weiter die Entscheidung herausgezögert werden kann, umso sicherer kann der Unternehmenserbe sein, die Voraussetzung zur vollständigen Verschonung von der Erbschaftsteuer auf sein Betriebsvermögen erfüllen zu können.

Man darf gespannt sein, wie die Finanzverwaltung reagiert.

Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen, Bilanzierung in der Krise

1. Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen

Wie in den Vorjahren weise ich an dieser Stelle darauf hin, dass es wieder einmal Zeit ist, die Registratur zu aktualisieren.

Gemäß § 147 Abgabenordnung sind Buchhaltungsunterlagen zehn bzw. sechs Jahre aufzubewahren. Nach dem 31. 12. 2009 können deshalb folgende Unterlagen vernichtet werden:

a) Zehnjährige Aufbewahrungsfrist:

  • Bücher, Journale, Konten, Aufzeichnungen usw., in denen die letzte Eintragung 1999 und früher erfolgt ist
  • Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, Eröffnungsbilanzen, die 1999 oder früher aufgestellt wurden sowie die zu deren Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen
  • Buchungsbelege (z. B. Rechnungen, Kontoauszüge, Lohn- und Gehaltslisten) aus dem Jahr 1999

Bei EDV - gestützten Buchführungssystemen müssen während der Aufbewahrungsfrist die Daten jederzeit verfügbar und lesbar gemacht werden können. Das bedeutet, bei einem Systemwechsel der betrieblichen EDV darauf zu achten, die bisherigen Daten in das neue System zu übernehmen oder die bisher verwendeten Programme für den Zugriff auf die alten Daten weiter vorzuhalten.


b) Sechsjährige Aufbewahrungsfrist:

  • Lohnkonten und Unterlagen zum Lohnkonto mit Eintragungen aus 2003 oder früher
    (§ 41 Abs. 1 EStG)
  • Empfangene und abgesandte Handels- oder Geschäftsbriefe aus dem Jahr 2003 und früher
  • sonstige für die Besteuerung bedeutsame Unterlagen aus dem Jahr 2003 oder früher


Der Aufbewahrungszeitraum beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar und der Jahresabschluss aufgestellt, der Handelsbrief empfangen oder der Buchungsbeleg entstanden ist.

Bitte beachten Sie §§ 169,170 der Abgabenordnung. Danach ist die Vernichtung von Unterlagen unabhängig von den oben dargestellten Aufbewahrungsfristen dann nicht zulässig, wenn die Frist für die Steuerfestsetzung noch nicht abgelaufen ist. Ihr Steuerberater kann Ihnen hierzu sicher eine verbindliche Auskunft geben.

2. Bilanzierung in der Krise

Zum 31.12.2009 werden zahlreiche Unternehmen einen Jahresabschluss aufstellen, der wesentlich schlechter aussieht, als der Jahresabschluss zum 31.12.2008. Der Grund dafür ist häufig die Finanz- und Wirschaftskrise, in der sich unser Land und auch unsere Region seit dem Jahr 2009 befindet.

Im Zuge der Aufstellung des Jahresabschlusses sind zwei Aspekte ganz besonders zu berücksichtigen. Einerseits die Darstellung der Vermögens- und Ertragslage und andererseits die Auswirkung auf die Finanzlage des Unternehmens.

Zur Dämpfung des negativen Eindruckes, den die Außenstehenden, z.B. Banken und Lieferanten, haben könnten, sollten Sie handels- und/oder steuerrechtlich zulässige Bilanzierungswahlrechte prüfen. Einige wenige davon sollen an dieser Stelle skizziert werden. Diese möchte ich unterteilen in solche, die zum einen durch steuerliche Maßnahmen Liquiditätspotential schaffen und zum anderen Verlustausweise verhindern oder vermindern.

Liquiditätswirksame Maßnahmen

  1. Herabsetzung von Steuervorauszahlungen

Sobald sich die Ertragssituation eines Unternehmens verschlechtert, kommt ein Antrag auf Herabsetzung von Steuervorauszahlungen in Frage. Dadurch ergeben sich unverzüglich Liquiditätsvorteile. Werden Steuererstattungen erwartet, sollte die Steuererklärung für das Jahr 2009 so früh wie möglich eingereicht und auf eine Veranlagung gedrängt werden.

  1. Nutzung laufender und vorzutragender Verluste

Sollte sich für das Jahr 2009 ein Verlust ergeben, so bietet sich ebenfalls die unverzügliche Aufstellung des Jahresabschlusses und der entsprechenden Steuererklärung an, um einen Verlustrücktrag nach § 10 d Abs. 1 EStG auf das Jahr 2008 vorzunehmen. Der kann bei einzelveranlagten Steuerpflichtigen und bei Kapitalgesellschaften immerhin bis zu € 511.500 betragen. Für zusammenveranlagte Steuerpflichtige verdoppelt sich dieser Betrag auf € 1.023.000. Sollte ein Rücktrag möglich und sinnvoll sein, weil bereits für 2008 Gewinne versteuert wurden, so dürfen Sie mit einer Erstattung von Steuern rechnen. Alle nicht auf diesem Weg ausgeglichenen Verluste dürfen nach § 10 d Abs. 2 EStG in den folgenden Veranlagungszeiträumen bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von € 1,0 Mio. unbeschränkt, darüber hinaus bis zu 60 % des 1,0 Mio. übersteigenden Einkommens abgezogen werden. Dies führt zwar nicht sofort, aber doch im folgenden Jahr zu geringeren Abflüssen für Steuerzahlungen. Auch die festzusetzenden Vorauszahlungen des laufenden Jahres können durch diese Maßnahme vermindert werden.

Nutzung von Ansatz- und Bewertungswahlrechten zur Verbesserung der Ertrags- und Vermögensdarstellung der Gesellschaft

  1. Um Verlustvorträge im Rahmen der Mindest-Ist-Besteuerung zu nutzen (vgl. § 10 d Abs. 2 EStG, wie oben beschrieben), können in den Verlustentstehungsjahren sogenannte „Loss Refresher“-Gestaltungen eingesetzt werden. Das bedeutet nichts anderes, als ertragswirksam Gewinne direkt mit laufenden Verlusten zu verrechnen. Im optimalen Fall werden diese Gewinnrealisierungen in den Folgejahren neuen steuerlichen Aufwand erzeugen. Dieser Effekt entsteht zum Beispiel bei Wertaufholungen im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG. Eine Wertaufholung ist dann „erforderlich“, wenn der Grund für eine in den Vorjahren gebildete Teilwertabschreibung weggefallen ist. Das setzt natürlich eine plausible Begründung voraus.

  1. Zur Verbesserung des Bilanzbildes kann auch die Auflösung von in den Vorjahren gebildeten stillen Reserven in Betracht gezogen werden. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Bewertungs- und Ansatzwahlrechte nicht ohne weiteres geändert werden dürfen, da das Gebot der Stetigkeit (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB) willkürliche Veränderung von Ansatz- und Bewertungsverfahren einschränkt. In den Vorjahren gebildete Sonderposten mit Rücklagenanteile können immer aufgelöst werden. Sie sind kritisch daraufhin zu untersuchen, ob sie noch erforderlich sind.

  1. Neben den Ansatz- und Bewertungswahlrechten ergibt sich ein erhebliches Gestaltungspotential durch die Auflösung von Schätzreserven. Immer dann, wenn die Bewertung unter Unsicherheit erfolgt, können Schätzungen genutzt werden, um stille Reserven zu legen oder eben aufzulösen. Insbesondere betrifft das die Bewertung von Forderungen, von Vorräten, hier insbesondere im Zuge der Bewertung langfristiger Fertigung und die Bewertung von Rückstellungen.

Es würde zu weit führen, die darüber hinaus möglichen Ansatz- und Bewertungswahlrechte zu erläutern. Hierzu sollten Sie ein ausführliches Gespräch mit Ihrem Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer führen. Das gilt auch für den Fall, dass Sie sich mit dem Gedanken tragen, freiwillig zum 31. 12. 2009 die Regeln des BilMoG anzuwenden. Auch das ist eine Option, das Bilanzbild zu gestalten.