Montag, 5. März 2012

Disquotale Einlage in eine Kapitalgesellschaft kann Schenkungsteuer auslösen / Angemessenheit einer Managementvergütung

1.      Disquotale Einlage in eine Kapitalgesellschaft kann Schenkungsteuer auslösen

Seit dem 14. 12. 2011 gilt § 7 Abs. 8 des Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetzes. Für viele Steuerpflichtigen fast unbemerkt ist durch die Änderung des Schenkungsteuergesetzes eine Besteuerungslücke geschlossen worden, die gern als Gestaltungsinstrument im Zusammenhang  mit einem  Unternehmensübergang genutzt wurde. 

Beispiel: An einer GmbH sind Vater und Sohn mit jeweils 50 % beteiligt. Beide haben bei der Gründung der GmbH jeweils 25.000 € in die Gesellschaft als Stammkapital eingezahlt. Der Vater gewährte der GmbH vor Jahren zusätzlich ein Darlehen von 500.000 €. Auf dieses werthaltige Darlehen verzichtet er nun. Durch den Darlehensverzicht erhöht sich der Wert der Beteiligung des Sohnes von 25.000 € auf 275.000 € [(1/2 x (50.000 € + 500.000 €)]. Der Sohn erlangt also einen Vermögensvorteil von 250.000 €, der bisher keine freigiebige Zuwendung darstellte, weil er nicht in einer substantiellen Vermögensverschiebung, sondern lediglich in der Wertsteigerung der Gesellschaftsanteile bestand.
Diese Besteuerungslücke wird nun durch § 7 Abs. 8 ErbStG geschlossen. Danach gilt auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt als Schenkung. Genau dieser Sachverhalt ist im dargestellten Beispiel erfüllt. Eine überproportionale Einlage des Schenkers wird einer Direktzuwendung des Schenkers gleichgestellt.
Die neue Regelung erfasst auch Einlagen in eine Gesellschaft, an der der Begünstigte nur mittelbar über andere Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften, Personenvereinigungen oder sonstige Gesellschaften beteiligt ist. Eine bestimmte Beteiligungsquote ist dabei nicht erforderlich.
Unter § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG fallen auch noch anderen Fallgestaltungen, die bereits zuvor schon von der finanzgerichtlichen Rechtsprechung als Schenkung behandelt worden sind:

-             Gründung  einer Kapitalgesellschaft durch Sacheinlage in Form eines Unternehmens ohne gleichwertige Kapitalbeteiligung desjenigen Gesellschafters, der sein Untenehmen einbringt.
-             Erwerb neuer Anteile an einer Kapitalgesellschaft im Rahmen einer Kapitalerhöhung gegen eine Einlage, die den Wert der Anteile übersteigt. Dies bereichert die Altgesellschafter auf Kosten des Erwerbenden Gesellschafters.
-             Erwerb neuer Anteile an einer Kapitalgesellschaft im Rahmen einer Kapitalerhöhung gegen eine Einlage, die den Wert der Anteile nicht erreicht. Hier wird der Erwerbende  auf Kosten der Altgesellschafter bereichert.

Die Liste ließe  sich durch Sachverhalte mit  indirekt Beteiligte fortsetzen. Darauf möchte ich jedoch an dieser Stelle verzichten.
Ich empfehle Ihnen aber,  mit Ihrem Steuerberater zu sprechen, wenn Sie disproportionale Einlagen planen. Die Schenkungsteuer wird dann besonders belastend, wenn Fremde Dritte, also nicht verwandte Personen, begünstigt werden. Dann sind die Freibeträge niedrig und die Steuersätze hoch. Im Übrigen erlauben Sie mir den etwas polemischen Hinweis, dass die Erbschaftsteuer von manchen Menschen auch als „Dummensteuer“ bezeichnet wird. Nur diejenigen bezahlen Schenkung- oder Erbschaftstuer, die sich nicht planvoll darauf vorbereiten.


2.      Angemessenheit einer Managementvergütung

Wiederholt habe ich an dieser Stelle auf die steuerlichen Probleme hingewiesen, die aus zu hohen Gesellschaftergeschäftsführerbezügen entstehen können. Während der angemessene Anteil der Gesamtbezüge abzugsfähige Betriebsausgaben darstellt, gilt der nicht angemessene Anteil als verdeckte Gewinnausschüttung. Probleme entstehen in der Regel aus der Schwierigkeit, die Angemessenheit der Bezüge zu definieren. Wo die zu bestimmende Grenze zwischen noch angemessenen und schon unangemessenen Gesamtbezügen verläuft, ist im konkreten Fall von den handelnden Parteien im Einvernehmen mit der Finanzverwaltung und ggf. auf dem Rechtsweg zu klären. So weit so gut und bekannt.
Der BFH hat mit seinem Urteil vom 24. 8. 2011 – I R 5/10, NV, veröffentlicht am 4. 1. 2012, eine interessante Variante dieses Problems beleuchtet und entschieden.
Die Klägerin (K) war eine in den Niederlanden ansässige Kapitalgesellschaft, die mit zwei Niederlassungen (NL1 und NL2) in Deutschland in den Bereichen Unternehmensberatung und Projektentwicklung tätig war.
Zwischen der Klägerin und den Beklagten des Verfahrens war u. a. das Vorliegen verdeckter Gewinnausschüttungen hinsichtlich einer vereinbarten und gezahlten Managementvergütung streitig. Die Managementvergütungen, die die Niederlassungen bezahlten,  beruhten auf Vereinbarungen zwischen zwei niederländischen Unternehmen (U1 und U2) und den beiden Niederlassungen der Klägerin in Deutschland. Die beiden niederlädischen Unternehmen U1  und U2 waren mit der Klägerin K gesellschaftsrechtlich verbunden.

Im Managementvertrag verpflichteten sich die beiden niederländischen Unternehmen U1 und U2 dazu, das Management in den deutschen Niederlassungen NL1 und NL2 der Klägerin einschließlich der täglichen Unternehmensleitung zu übernehmen und zu diesem Zweck jeweils einen Geschäftsführer zu bestellen. Die Geschäftsführer waren Angestellte der niederländischen Unternehmen U1 bzw. U2. Deren Anstellungsverträge  sollten während der Dauer des Managementvertrages bestehen bleiben. Die Klägerin erklärte sich damit einverstanden, dass den Geschäftsführern gegenüber den niederländischen Gesellschaften 30 Urlaubstage zustünden, während derer die Managementvergütungen weitergezahlt werden sollten. In Fall der Arbeitsunfähigkeit eines Geschäftsführers sollte die Managementvergütung für einen Zeitraum von zwölf Monaten weitergezahlt werden. Aufgrund dieser Vereinbarungen war es aus der Sicht des BFH  nicht zu beanstanden, dass das Finanzgericht (FG) für Zwecke des Fremdvergleichs davon ausgegangen war, dass die niederländischen Gesellschaften diejenigen Funktionen übernommen haben, die bei Kapitalgesellschaften regelmäßig angestellte Geschäftsführer übernehmen.  Deshalb konnte das FG die von der Klägerin gezahlten Entgelte aus steuerrechtlicher Sicht an den Kriterien messen, die für die Überprüfung von Geschäftführerbezügen gelten. Diese Kriterien muss ich an dieser Stelle nicht noch einmal darstellen.

Wichtig an diesem Urteil ist, dass auch „über die Landesgrenzen“ hinweg die Regeln zu beachten sind, die für die Beurteilung von verdeckten Gewinnausschüttungen gem. § 8 Abs. 3 KStG in Deutschland gelten. Um unangenehme Überraschungen zu vermeiden, die im Verlauf einer steuerlichen Außenprüfung plötzlich diskutiert werden können, sollten Sie sich entsprechend vorbereiten, wenn in Ihrem Unternehmen vergleichbare Auslandsbeziehungen bestehen.

Freitag, 10. Februar 2012

Keine Erfolgsaussichten bei Klage gegen Regelsteuersatz für Essenslieferungen an Schulen, Kindergärten sowie Altenwohn- und Pflegeheime / Splittingtarif auch für eingetragene Lebenspartner?

1.      Keine Erfolgsaussichten bei Klage gegen Regelsteuersatz für Essenslieferungen  an Schulen, Kindergärten sowie  Altenwohn- und Pflegeheime

Lieferungen von zubereiteten Speisen zu festen Zeitpunkten in Warmhaltebehältern an Schulen, Kindergärten sowie Altenwohn- und Pflegeheime werden von der  Finanzverwaltung und auch von der Rechtsprechung nicht  als  Lieferungen sondern als sonstige Leistungen im Sinne des UStG beurteilt (vgl. hierzu das BFH- Urteil vom 12. 10. 2011 – V R 66/09 sowie den BFH – Beschluss vom 14. 7. 2011 – V-S-8/11-PKH), die mit dem Regelsteuersatz zu versteuern sind.

Nach § 3 Abs. 1 UStG sind „Lieferungen eines Unternehmers (..) Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).“ Streng genommen bedeutet das, dass es sich dann um eine Lieferung handelt, wenn eine angebotene Ware, so wie sie angeboten wird, vom Käufer abgenommen wird. Dem Käufer wird durch Einigung und Übergabe die Verfügungsmacht verschafft (§ 929 BGB). Das ist im Zusammenhang mit Essenslieferungen nur dann anzunehmen, wenn als Ergebnis einfacher  und standardisierter Zubereitungsvorgänge z.B. nach Art eines Imbissstandes ein Essen geliefert wird. Der EuGH führt in seinem Urteil (Bog u.a. in UR 2011, 272 Rdnr. 74) hierzu aus, dass die Zubereitung sich in diesen Fällen auf standardisierte Handlungen beschränkt, die in den meisten Fällen nicht auf Bestellung eines bestimmten Kunden, sondern entsprechend der allgemein vorhersehbaren Nachfrage ständig oder in Abständen vorgenommen werden. Einfach ausgedrückt ist das der Fall, wenn eine fertig gebratene  Wurst angeboten wird und der Kunde diese so nimmt, wie sie sich ihm darbietet. Ein solcher Vorgang ist als  Lebensmittellieferung zu werten, die nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 % zu belasten ist. 

Demgegenüber bestimmt § 3 Abs. 9 UStG: „Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind“.  Damit sind  also alle Lebensmittellieferungen, die nicht unter § 3 Abs. 1 UStG fallen, sonstige Leistungen mit der Folge, dass nicht der ermäßigte, sondern der Regelsteuersatz von derzeit 19% gilt.

In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH wird hierzu vom BFH sowohl im  o.a. Urteil als auch im o.a. Beschluss vorgetragen, dass die Abgabe frisch zubereiteter Speisen oder Nahrungsmittel, die „nicht das Ergebnis einer bloßen Standardzubereitung sind, sondern einen deutlich größeren Dienstleistungsanteil aufweisen und mehr Arbeit und Sachverstand erfordern“, bei denen die „Qualität der Gerichte, die Kreativität sowie die Darreichungsform … Elemente (sind), die in den meisten Fällen für den Kunden von entscheidender Bedeutung sind“ und die „in verschlossenen Warmhalteschalen angeliefert oder (durch den Unternehmer aufgewärmt)“ werden, wobei für „den Kunden wesentlich ist, dass die Speisen genau zu dem von ihm festgelegten Zeitpunkt geliefert werden (EuGH-Urteil Bog u.a. in DStR 2011, 515, UR 2011, 272 Rdnr. 77,78).
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung des EuGH beschrieb der BFH in seinem Beschluss vom 14. 7. 2011, a.a.O., dass es  „sich nicht um die Abgabe von Standardspeisen als Ergebnis einfacher und standardisierter Zubereitungsvorgänge nach Art eines z.B. Imbissstandes (handelt), da der Antragsteller mit derartigen Speisen seine vertraglichen Verpflichtungen zur Berücksichtigung der „ernährungspsychologischen Bedürfnisse der Essensteilnehmer“, zur Darreichung „eines altersgerechten und abwechslungsreichen Essens“ oder zur Darreichung „abwechslungsreicher Kost“ in Kindertageseinrichtungen nicht erfüllen konnte, zumal nach Bedarf „Auswertungsgespräche“ zu führen und wöchentliche Speisepläne zu erstellen waren“. Konsequent kommt der BFH in seinem Beschluss zu dem Ergebnis, dass es sich im besprochenen Sachverhalt um eine sonstige Leistung im Sinn von § 3 Abs. 9 UStG handelt, die mit dem Regelsteuersatz zu besteuern ist.
Die Beurteilung von Essenslieferungen als Leistung oder Lieferung  ist in der Rechtsprechung also inzwischen so deutlich geworden, dass sich die Unternehmer, die es betrifft, unbedingt darauf einzustellen haben. Die  Catering-Branche sollte den Wettbewerb untereinander nicht unnötig dadurch verschärfen, dass einzelne Unternehmer - ohne sich dieses erheblichen Risikos bewusst zu sein -  ihre Lieferungen  noch mit 7 % anbieten. Wenn im Zuge einer steuerlichen Außenprüfung die  Leistungen nachträglich als  mit 19 % abzurechnen klassifiziert werden sollten, wird es zu einem erheblichen Liquiditätsabfluss an das Finanzamt kommen. Im Zweifel wird es keine Möglichkeit der Weiterberechnung der berichtigten, höheren Umsatzsteuer geben, da die einzelnen Empfänger dieser Leistungen nicht mehr greifbar sind.


2.      Splittingtarif auch für eingetragene Lebenspartner?

Gemäß § 32 a Abs. 5 EStG beträgt bei Ehegatten, die nach §§ 26, 26 b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, die tarifliche Einkommensteuer  ……  das Zweifache des Steuerbetrages, der sich für die Hälfte ihres gemeinsam zu versteuernden Einkommens ergibt. Dieses Verfahren wird als Splitting-Verfahren bezeichnet und ist Ehegatten vorbehalten.
Nun hat der 4. Senat des Finanzgerichtes Köln es für möglich gehalten, dass diese Regelung des Einkommensteuergesetzes verfassungswidrig ist (FG Köln, Beschluss v. 7. 12. 2011 – 4 V 2831/11). Dafür spricht nach Auffassung des FG die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz in der bis zum 31. 12. 2008 geltenden Fassung (BVerfG, Beschluss v. 21. 7. 2010 – 1 BvR 611/07, 1 BVR 2464/07). Inzwischen wurde das ErbStG dahingehend  geändert, dass die Freibeträge, die Ehegatten zustehen, gemäß § 16 Nr. 7 und § 17 Abs. 1 ErbStG auch von Lebenspartnern beansprucht werden  dürfen.

Insofern haben die zu dieser Frage beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfassungsbeschwerden durchaus Erfolgsaussichten.  Betroffene Steuerpflichtige sollten sich durchaus im Zuge ihrer eigenen Steuererklärung darauf stützen. Sie können nur gewinnen  und  nichts verlieren. Im Übrigen gehe ich davon aus, dass im Verlauf der nächsten Legislaturperiode, also ab 2013 der Splittingtarif vom Gesetzgeber auf den Prüfstand gestellt werden wird.

Mittwoch, 11. Januar 2012

Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen

1. Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen

Wie in den Vorjahren weise ich an dieser Stelle darauf hin, dass es wieder einmal Zeit ist, die Registratur zu aktualisieren.

Gemäß § 147 Abgabenordnung sind Buchhaltungsunterlagen zehn bzw. sechs Jahre aufzubewahren. Nach dem 31. 12. 2011 können deshalb folgende Unterlagen vernichtet werden:

a) Zehnjährige Aufbewahrungsfrist:

  • Bücher, Journale, Konten, Aufzeichnungen usw., in denen die letzte Eintragung 2001 und früher erfolgt ist
  • Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, Eröffnungsbilanzen, die 2001 oder früher aufgestellt wurden sowie die zu deren Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen
  • Buchungsbelege (z. B. Rechnungen, Kontoauszüge, Lohn- und Gehaltslisten) aus dem Jahr 2001
Bei EDV - gestützten Buchführungssystemen müssen während der Aufbewahrungsfrist die Daten jederzeit verfügbar und lesbar gemacht werden können. Das bedeutet, bei einem Systemwechsel der betrieblichen EDV darauf zu achten, die bisherigen Daten in das neue System zu übernehmen oder die bisher verwendeten Programme für den Zugriff auf die alten Daten weiter vorzuhalten.

b) Sechsjährige Aufbewahrungsfrist:

  • Lohnkonten und Unterlagen zum Lohnkonto mit Eintragungen aus 2005 oder früher
    (§ 41 Abs. 1 EStG)
  • Empfangene und abgesandte Handels- oder Geschäftsbriefe aus dem Jahr 2005 und früher
  • sonstige für die Besteuerung bedeutsame Unterlagen aus dem Jahr 2005 oder früher

Der Aufbewahrungszeitraum beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar und der Jahresabschluss aufgestellt, der Handelsbrief empfangen oder der Buchungsbeleg entstanden ist.

Bitte beachten Sie §§ 169,170 der Abgabenordnung. Danach ist die Vernichtung von Unterlagen unabhängig von den oben dargestellten Aufbewahrungsfristen dann nicht zulässig, wenn die Frist für die Steuerfestsetzung noch nicht abgelaufen ist. Ihr Steuerberater kann Ihnen hierzu sicher eine verbindliche Auskunft geben. 

Donnerstag, 24. November 2011

Neue Regelungen des Steuergesetzgebers / Verlustabzugsregel nach § 8 c KStG bei Anteilseignerwechsel verfassungskonform / Ebay-Handel als unternehmerische Tätigkeit

1.      Neue Regelungen des Steuergesetzgebers

Inzwischen haben sich die gesetzgebenden Instanzen nach zähem Ringen auf das Steuervereinfachungsgesetz 2011 geeinigt. Wer gehofft hatte, dass unser Steuersystem  einfacher würde, muss enttäuscht sein. Natürlich verdienen die Beschlüsse nicht den Namen, den das Gesetz bekommen hat.  Aber einige Splitter sind zu finden.
-             So wird, und das bereits für 2011, der Arbeitnehmer- Pauschbetrag von € 920 um sagenhafte € 80 auf insgesamt € 1000 pro Jahr angehoben. Die Vereinfachung besteht darin, dass nun € 1000 Werbungskosten durch den Arbeitnehmer nicht mehr durch die Vorlage von Belegen nachgewiesen werden mussen.
-             Gebühren für eine verbindliche Auskunft mit einem Gegenstandswert von bis zu
€ 10.000 wird es nicht mehr geben. Das gilt auch dann, wenn eine Zeitgebühr zugrunde zu legen ist, die Bearbeitungszeit aber weniger als 2 Stunden beträgt. Ein solcher Fall ist mir in meiner 40-jährigen Praxis allerdings noch nicht bekannt geworden. Immerhin erteilt die Finanzverwaltung auf Antrag im Vorhinein unter bestimmten Voraussetzungen eine verbindliche Auskunft zur  steuerlichen Beurteilung eines Sachverhaltes. Im Veranlagungsverfahren ist das Finanzamt dann an diese Beurteilung gebunden (§ 89 Abs. 2 AO). Unter 2 Stunden wird die Finanzverwaltung wohl nicht häufig zu einem Resultat kommen.
-             Rückwirkend ab dem 1. 7. 2011 werden elektronische Rechnungen  und Papierrechnung finanztechnisch gleichgestellt.  Dabei müssen die Echtheit der Rechnung, die Unversehrtheit des Inhaltes und die Lesbarkeit gewährleistet sein. Die bisher für umsatzsteuerliche Zwecke  nötige sogenannte qualifizierte Signatur der Rechnung ist nicht mehr erforderlich. Der Unternehmer hat allerdings sicherzustellen, dass ein verlässlicher Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung existiert.

Am 27. 10. 2011 hat der Bundestag darüber hinaus das Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz beschlossen. Auch hier hält das Gesetz nicht, was der Titel befürchten lässt.

Unter anderem stellte der Gesetzgeber mit ungeahnter Eile fest, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für sein Erststudium keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind.
Wie fast durchgängig in der Tagespresse nachzulesen war, ließ  der Bundesfinanzhof  mit seinen 2 Urteilen vom 28. 7. 2011 (VI R 7/10 und VI R 38/10) den Werbungskostenabzug für die erstmalige Berufsausbildung eines Piloten zu und ebenfalls, das ist besonders erstaunlich, für die Aufwendungen eines Medizinstudiums, welches im Anschluss an das Abitur durchgeführt worden war. Der Pilot wurde nicht von seinem Arbeitgeber im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgebildet, sondern bei einer Tochtergesellschaft seines späteren Arbeitgebers. Das im Anschluss an das Abitur durchgeführte Medizinstudium war ein klassisches Erststudium i.S.v. § 12 EStG. Man sollte meinen, dass die Fälle klar sind – also zu Sonderausgaben führen. Ich habe hier nicht den Platz, die beiden Urteile eingehend zu kommentieren. Im Ergebnis musste sich der Gesetzgeber aber vom BFH vorhalten lassen, seinen Gesetzestext nicht ausreichend genau formuliert zu haben. In beiden Fällen konnten die Kläger begründen, dass es einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen zur Ausbildung und der nachfolgenden Berufstätigkeit und den daraus erzielten Einkünften gab. So werden aber keine Sonderausgaben, sondern Werbungskosten definiert. Genau  zu diesem Ergebnis kommt auch der BFH.
Ob die nun erfolgte Klarstellung im Beitreibungsrichtlinie-Gesetz geeignet ist, die Auffassung der BFH-Richter zu widerlegen, kann ich heute nicht abschließend beurteilen. Da die gesetzliche Klarstellung rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004 gelten soll, werden nur noch sehr mutige Studenten versuchen, ihre Studienkosten als Werbungskosten steuerlich geltend zu machen. Als Trostpflaster wird für die Studenten die bisherige Höchstgrenze des Sonderausgabenabzugs nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG an 2012 von € 4.000 auf € 6.000 angehoben. So richtig hilft das in den meisten Fällen aber nicht weiter.

2.      Verlustabzugsregel nach § 8 c KStG bei Anteilseignerwechsel verfassungskonform

§ 8 c KStG beschäftigte wieder einmal die Rechtsprechung. In der „Wirtschaft“ 10/2011 hatte ich davon berichtet, dass das Finanzgericht (FG) Münster ernstliche Zweifel an der Auffassung der Europäischen Kommission hegt, nach der die Sanierungsklausel des § 8 c KStG  eine unvereinbare Beihilfe darstellt. Das Thema ist noch nicht höchstrichterlich entschieden. Wir dürfen gespannt sein, was der BFH dazu sagt. Beim Urteil des FG Münster handelt es sich  also um die  Zulässigkeit einer Ausnahme vom Grundsatz des § 8 c KStG.
 
Jetzt stand der Grundsatz des § 8 c KStG zur Entscheidung an.  Am 16. 3. 2011 hat das Sächsische FG entschieden (2 K 1869/10), dass es nicht gegen die Verfassung verstösst, wenn bei einer Übertragung von mehr als 50 % der Anteile einer Kapitalgesellschaft die zum Zeitpunkt der schädlichen Beteiligungsübertragung vorhandenen, nicht ausgeglichenen Verluste vollständig nicht mehr abziehbar sind.  Dass soll auch dann gelten, wenn weniger als 100 % der Anteile übertragen werden – dies auch dann, wenn es nicht um einen Mantelkauf geht, sondern wenn eine „aktive“ Kapitalgesellschaft, die nach dem Gesellschafterwechsel ihren Geschäftsbetrieb unverändert fortführt. Die Revision ist zugelassen, wohl auch, weil der 2. Senat des FG Hamburg eine Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt hat, ob § 8 c Satz 1 KStG  mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes insoweit vereinbar ist, als bei der Übertragung von mehr als 25 % der Anteile nicht genutzte Verluste ganz oder zum Teil nicht mehr abziehbar sind (FG Hamburg, Beschluss v. 4.4.2011- 2 K 33/10). Genau das bezweifelt das FG Hamburg. Damit steht natürlich § 8 c KStG insgesamt auf dem Prüfstand. Einen Rückfall in den florierenden Handel mit GmbH-Verlustmänteln, wie es ihn in den 90iger Jahren gab, wird es aber wohl hoffentlich nicht wieder geben. Sollten Sie mit § 8 c KStG ein Problem haben, lohnt es sich, die beschriebenen Urteile genau zu studieren oder mit dem steuerlichen Berater zu besprechen.

3.      Ebay-Handel als unternehmerische Tätigkeit

Das FG Niedersachsen hat mit seinem Urteil v. 16. 9. 2010 – 16 K 315/09 zur Umsatzsteuerbarkeit eines  Ebay-Handels Stellung bezogen. Man muss wissen, dass die Unternehmereigenschaft nach dem Umsatzsteuergesetz wesentlich schneller erreicht wird als im Einkommensteuergesetz. Die Umsatzsteuer verlangt gem. § 2 Abs. 1 UStG eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt. Das heißt nicht, dass Veräußerungen aus dem Privatvermögen, auch wenn diese viele Positionen mit hohem Wert darstellen, umsatzsteuerpflichtig würden. Es ist erforderlich, dass An- und Verkäufe planmäßig mit auf Güterumschläge gerichteter Absicht getätigt werden. Dabei ist es völlig unerheblich, ob dies auf einem realen oder einem virtuellen Marktplatz passiert. Im Urteilsfall wurden nach den Aufzeichnungen von Ebay im Jahr 2005 insgesamt 200, in 2006 211 und in 2007 88 Verkäufe getätigt. In allen Jahren wurde die für Kleinunternehmer geltende Umsatzgrenze von € 17.500 p.a. überschritten, was zwangsläufig zu einer Umsatzsteuerfestsetzung führte. Das Urteil ist rechtskräftig.
Der Sachverhalt wurde übrigens durch eine Kontrollmitteilung dem Finanzamt des Ebay- Händlers bekannt. Bitte denken Sie also immer daran, dass auch virtuelle Räume den ganz normalen Besteuerungsregeln unterliegen und nicht vor Entdeckung geschützt sind.

Montag, 10. Oktober 2011

E- Bilanz wir konkret / Ein Arbeitnehmer kann nur eine regelmäßige Arbeitsstätte haben / Dachverpachtung an einen Photovoltaikanlagenbetreiber

1.      E- Bilanz wir konkret

Mit dem Schreiben vom 28. 9. 2011 (IV C 6 – S 2133-b/11/10009) hat das BMF das endgültige Anwendungsschreiben zu § 5 b EStG zur elektronischen Übermittlung von Bilanzen sowie von Gewinn- und Verlustrechnungen veröffentlicht.
Wie bereits mehrfach in der „Wirtschaft“ publiziert, besteht für Steuerpflichtige, die ihren steuerpflichtigen Gewinn nach § 4 Abs. 1, § 5 oder 5a EStG ermitteln, also eine Bilanz aufstellen, künftig die Verpflichtung, den Inhalt der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Fernübertragung an das zuständige Finanzamt zu übermitteln. Das gilt für alle Rechtsformen, also vom Einzelunternehmen bis hin zur börsennotierten Gesellschaft. Wir kennen seit  geraumer Zeit die elektronische Übertragung von Umsatzsteuervoranmeldungen und Einkommensteuererklärungen mit Hilfe des sogenannten Elsterprogamms. Das Verfahren  hat sich nach meiner Beurteilung inzwischen gut eingespielt.
Die E-Bilanz ist erstmals für Wirtschaftsjahre abzugeben, die nach dem 31. 12. 2011 beginnen, also für die Bilanz zum 31. 12. 2012. Für abweichende Wirtschaftsjahre wird dies entsprechen später verpflichtend. Allerdings bleibt es im  Erstjahr noch gestattet, die Bilanz und die G + V in Papierform abzugegeben. Für inländische Betriebsstätten ausländischer Unternehmen und ausländische Betriebsstätten inländischer Unternehmen gibt es eine Übergangsfrist bis 2014.
Auf die Ziele des Verfahrens muss ich an dieser Stelle nicht mehr ausführlich eingehen. Diese wurden bereits mehrfach, auch in der „Wirtschat“ dirkutiert. In Erinnerung sollten wir uns aber rufen, dass das neue Verfahren das  automatisierte Herausfiltern von prüfungswürdigen Fällen ermöglicht und durch Mehrjahresvergleiche „Auffälligkeiten“ leichter festzustellen sind. Durch die verpflichtende Taxonomie werden der Finanzverwaltung Prüfungsroutinen ermöglicht.  Unter Taxonomie versteht man den Mindestumfang von Mussfeldern, Summenmussfeldern und rechnerisch notwendigen Positionen, die auszufüllen sind, bevor die Übertragung der Daten möglich wird. „Sofern sich ein Mussfeld nicht mit Werten füllen lässt, weil die Position in der ordnungsgemäßen individuellen Buchführung nicht geführt wird oder aus ihr nicht ableitbar ist, ist zur erfolgreichen Übermittlung des Datensatzes die entsprechende Position ohne Wert (technisch: NIL-Wert) zu übermitteln“ (TZ 16 des Erlasses). In einem solchen Fall können sie sicher  mit Rückfragen der Veranlagungsstelle rechnen.
Der Umfang der Taxonomie geht, wie Sie bereits wissen, erheblich über die Angaben, die in einer handelsrechtlich aufgestellten Bilanz und G+V enthalten sind, hinaus. Sie sollten sich deshalb spätestens zu Beginn des nächsten Jahres zusammen mit Ihrem Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater auf diese  neue Verpflichtung vorbereiten.

2.      Ein Arbeitnehmer kann nur eine regelmäßige Arbeitsstätte haben

Wieder einmal hat der BFH seine Meinung geändert und, so meine ich, durchaus zum Vorteil der Steuerpflichtigen.
Bisher hatte der Arbeitnehmer immer wieder Entscheidungen zu treffen, ob Reisekosten oder doppelte Haushaltsführung, ob die  Pendlerpauschale oder Dienstkilometer mit 0,30 € pro km galt, ob Verpflegungspauschalen geltend gemacht werden dürfen oder nicht oder ob ein geldwerter Vorteil für die Dienstwagenbenutzung bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusetzen war. All diese Fragen hingen an der Definition der sogenannten „regelmäßigen Arbeitsstätte“  Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH konnten Arbeitnehmer mehrere regelmäßigen Arbeitsstätten haben. Das beurteilt der BFH jetzt ganz anders. Mit den Urteilen vom 9. 6. 2011 (VI R %5/10, VI R 58/09 und VI R 36/10, alle veröffentlicht am 24. 8. 2011)  wird dies damit begründet, dass ein Arbeitnehmer nur eine regelmäßige Arbeitsstätte haben kann. Es sei sogar denkbar, dass eine regelmäßige Arbeitsstätte vorliegt, wenn keiner der Tätigkeitsstätten eine hinreichend zentrale Bedeutung gegenüber den anderen zukommt. Dabei gilt es nicht bereits als besonders bedeutend, wenn der Arbeitnehmer eine Tätigkeitsstätte im zeitlichen Abstand immer wieder aufsucht.

Durch diese Entscheidungen wird nun einiges in der Abrechung der Steuerpflichtigen und ggf. seines Arbeitgebers einfacher:
-             Ein geldwerter Vorteil für die Nutzung eines Dienstwagens ist nur für Fahrten zu der einen regelmäßigen Arbeitsstätte anzusetzen
-             Die Fahrten zu den anderen Tätigkeitsstätte sind Dienstreisen, ebenso die Fahrten von der regelmäßigen Arbeitsstätte zu den anderen Tätigkeitsstätten
-             Bei Aufsuchen der anderen Tätigkeitsstätten kann Verpflegungsmehraufwand geltend gemacht bzw. vom Arbeitgeber steuerfrei ersetzt werden
-             Die Entfernungspauschale (0,30 €/Entfernungskilometer) kann nur für die Fahrten zu einer regelmäßigen Arbeitsstätte vom Arbeitnehmer geltend gemacht werden.

Ich denke, dass es sehr sinnvoll ist, wenn die Lohnabrechnungsabteilungen in den Unternehmen sich über die erhebliche Rechtsprechungsänderung und deren Auswirkungen mit den betroffenen Mitarbeitern eingehend austauschen.

3.      Dachverpachtung an einen Photovoltaikanlagenbetreiber


In der jüngeren Vergangenheit wurde  ich immer wieder gefragt, wie eine Dachverpachtung an einen Photovoltaikbetreiber steuerlich, insbesondere umsatzsteuerlich, zu behandeln sei. Hierzu hat jetzt das Bayerische Landesamt für Steuern in eine Verfügung (BayLfSt, Verfügung v. 17. 8. 2011 – S 7168.1.1-4/6 St 33) Stellung genommen. Darauf können Sie sich gegebenenfalls auch gegenüber Ihrem Finanzamt berufen.

Mir sind zwei Grundstrukturen der Verträge bekannt:

-             Die Investoren pachten gegen Entgelt  Dächer, um darauf Photovoltaikanlagen zu errichten und zu betreiben. Die Laufzeiten werden fest vereinbart und sind erheblich. Umsatzsteuerlich liegt eine steuerfreie Grundstücksvermietung (§4 Nr. 12a UStG) vor. Unter Umständen kann der Grundstückseigentümer auf die Steuerfreiheit gem. § 9 UStG verzichten.
-             Die Investoren pachten Dächer, um darauf ihre Anlagen zu errichten und zu betreiben. Als Entgelt wird jedoch vereinbart, dass das Dach saniert oder erneuert und zukünftig gewartet wird. Gegebenenfalls wird darüber hinaus eine Baraufgabe geleistet. In diesem Fall liegt ein tauschähnlicher Umsatz im Sinne von § 3 Abs. 12 UStG vor. Das Gewerk „Dachsanierung“ geht sofort in das Eigentum des Grundstückseigentümers über. Der Anlagenbetreiber führt eine Werklieferung an den Gebäudeeigentümer aus, die er ihm mit Umsatzsteuer in Rechnung stellen muss. Der Grundstückseigentümer darf die ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nur dann als Vorsteuer geltend machen, wenn er für diesen Bereich seiner Tätigkeit gemäß § 9 UStG auf  die Umsatzsteuerfreiheit verzichtet hat.
Um Fehler im Mietvertrag, der ja über 20 bis 30 Jahre laufen kann, zu vermeiden, sollten Sie diesen sicherheitshalber mit Ihrem Steuerberater besprechen. 

Mittwoch, 7. September 2011

Kosten des Studiums als Werbungskosten abzugsfähig! / Anteilige Werbungskosten bei einem Sprachkurs im Ausland / Aussetzung der Vollziehung auch im Fall von § 8 c Abs. 1 S. 2 KStG (Sanierungsklausel)

1.      Kosten des Studiums als Werbungskosten abzugsfähig!

Das ist doch mal wieder eine Überraschung.

So mancher Unternehmer hat sich in der Vergangenheit bemüht, die Kosten für das Studium des Filius oder der Tochter steuerlich geltend zu machen. Die Kinder wurden im Betrieb beschäftigt, damit sie ihr Geld selber verdienen konnten, welches sie für ihr Studium benötigten. Nur zu dumm, dass dieses Gehalt dann lohnversteuert wurde und die Kosten des Studiums nicht absetzbar waren. Deshalb wurden, so habe ich gehört, ganz kreativ Betriebsausgaben formuliert, deren Absetzbarkeit meist nur bis zur nächsten Betriebsprüfung reichte. Wenn darüber hinaus dann noch festgestellt wurde, dass der Filius kaum im Unternehmen war, dann war der Ärger besonders groß, weil auch das „Gehalt“ des Kindes als nicht abzugsfähig beurteilt wurde. Es soll Finanzbeamte gegeben haben, die derartige Kreativitäten als Steuerhinterziehung beurteilten.
Wie fast durchgängig in der Tagespresse nachzulesen war, ließ der Bundesfinanzhof mit seinen 2 Urteilen vom 28. 7. 2011 (VI R 7/10 und VI R 38/10) den Werbungskostenabzug für die erstmalige Berufsausbildung eines Piloten zu und ebenfalls, das ist besonders erstaunlich, für die Aufwendungen für ein Medizinstudium, welches im Anschluss an das Abitur durchgeführt worden war.
Werbungskosten sind gem. § 9 EStG Aufwendungen zum Erwerb, zur Sicherung und zum Erhalt der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.  
Gem. § 12 EStG dürfen aber Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, wenn dies nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden, nicht abgezogen werden, es sei denn, es sind definierte Sonderausgaben. Der Pilot wurde nicht von seinem Arbeitgeber im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgebildet, sondern bei einer Tochtergesellschaft seines späteren Arbeitgebers. Das im Anschluss an das Abitur durchgeführte Medizinstudium war ein klassisches Erststudium i.S.v. § 12 EStG. Man sollte meinen, dass die Fälle klar sind – also zu Sonderausgaben führen.

Ich habe hier nicht den Platz, die beiden Urteile eingehend zu kommentieren. Im Ergebnis musste sich der Gesetzgeber aber vom BFH vorhalten lassen, seinen Gesetzestext nicht ausreichend genau formuliert zu haben. In beiden Fällen konnten die Kläger begründen, dass es einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen zur Ausbildung und der nachfolgenden Berufstätigkeit und den daraus erzielten Einkünften gibt. So werden aber keine Sonderausgaben, sondern Werbungskosten definiert. Genau diesen Schluss zieht der BFH auch.
Das ist besonders schön, weil Werbungskosten zu Verlustvorträgen führen können, die auch in späteren Jahren abzugsfähig sind.

Natürlich werden im Bundesfinanzministerium bereits mit Hochdruck daran gearbeitet, die fatalen Folgen dieser Rechtsprechung mit Blick auf die Steuereinnahmen möglichst rückwirkend, sicher aber für die Zukunft zu verhindern. Ich gehe davon aus, dass eine rückwirkende Regelung nicht möglich sein wird.
                     
Für Ihre studierenden Kinder sollten Sie jetzt unbedingt von Ihrem Steuerberater prüfen lassen, ob für diese jetzt noch eine Einkommensteuererklärung möglich und sinnvoll ist. Bis zum 31.12.2011 kann grundsätzlich noch die Erklärung für 2007 abgegeben werden. Wenn Sie einmal dabei sind, erklären Sie doch gleich die Jahre 2007 bis 2010. Selbst wenn sich für diese Jahre keine Steuererstattung errechnen lässt, weil Ihre Kinder ja nicht berufstätig waren und möglicherweise auch keine eigenen Einkünfte erzielt haben, werden durch die Geltendmachung von Werbungskosten wie Studiengebühren, doppelter Haushalt, Fachliteratur, Fahren zum Studienort usw. Verluste entstehen, die nach dem Studium mit den jeweiligen Einnahmen verrechnet werden dürfen.

2.      Anteilige Werbungskosten bei einem Sprachkurs im Ausland

Die Ferienzeit ist vorüber. Möglicherweise haben Sie diese Zeit auch genutzt, um Ihre Sprachfertigkeit im Ausland zu verbessern. Dann sollten Sie weiterlesen.

Seitdem der große Senat des BFH mit seinem Beschluss v. 21. 9. 2009 –GrS 1/06 die Aufteilung von doppelt motivierten, mit einem Sprachkurs verbundenen Reisekosten zugelassen hat, gibt es dem Grunde nach keine Zweifel mehr, anteilige Reisekosten als Werbungskosten geltend machen zu dürfen.
Als sachgerechter Aufteilungsmaßstab kommt grundsätzlich das Verhältnis der beruflich und der privat veranlassten Zeitanteile der Reise in Betracht. Dazu ist es jedoch erforderlich, dass die maßstabbildenden, eindeutig zuzuordnenden Veranlassungsbeiträge nacheinander verwirklicht werden. Das ist jedoch nicht immer der Fall.
Dann wird es mit der Aufteilung schwierig. Zu diesem Problem hat der BFH mit seinem Urteil vom 24. 2. 2011 – VI R 12/10, veröffentlicht am 18. 5. 2011, einige Hinweise gegeben.  Es sind jetzt die Gesamtumstände des Einzelfalls zu würdigen. Es darf dabei nicht darauf abgestellt werden, dass ein Besuch von Sprachkursen im Inland den gleichen Erfolg hätte haben können. Auch die erhöhten Kosten des Auslandsaufenthaltes sind nicht relevant für die Zuordnung der Kostenanteile. Andererseits darf der touristische Wert des Aufenthaltes im Ausland nicht unbeachtet bleiben. Mit diesen Maßgaben verwies der BFH den Rechtstreit wieder an das Finanzgericht zurück.
Aus den Ausführungen des Senates ist unschwer erkennbar, dass es auf die sorgfältige Begründung der beruflichen Veranlassung ankommt. Wenn es, wie im entschiedenen Fall, um 5.294 € oder sogar mehr Werbungskosten geht, kann sich das schon lohnen.

3.      Aussetzung der Vollziehung auch im Fall von § 8 c Abs. 1 S. 2 KStG (Sanierungsklausel)

Das FG Münster hat mit seinem Urteil vom 1. 8. 2011 – 9 V 357/11 K,G – all jenen  Unternehmen eine wunderbare Argumentationshilfe geliefert, die aufgrund der Entscheidung der Europäischen Kommission Verlustvorträge nicht mehr verrechnen dürfen.
Zu Ihrer Erinnerung: § 8 c KStG regelt die Verrechenbarkeit von Verlustvorträgen in den Fällen der Veräußerung von Anteilen an einer  Kapitalgesellschaft. Diese gehen ganz oder teilweise verloren, wenn mehr als 25 % der Anteile veräußert werden. Als Ausnahme gestattet der aktuelle Text des § 8 c Abs. 1 S. 2 KStG die volle Verrechenbarkeit in den Fällen, in denen die sogenannte „Sanierungsklausel“ greift. Diesen Vorteil sah die Europäische Kommission als unvereinbare Beihilfe. Deshalb durfte die Finanzverwaltung die Sanierungsklausel nicht mehr anwenden. Auch die Aussetzung der Vollziehung aller durch den drohenden Wegfall der Sanierungsklausel entstehenden Steuerzahlungen wurde nicht mehr gewährt. Das FG Münster hat einem solchen Antrag aber mit Blick auf den ansonsten für die Antragstellerin drohenden schweren, nicht wiedergutzumachenden Schaden entsprochen und die Entscheidung mit ernstlichen Zweifeln an der Auffassung der Europäischen Kommission begründet. 
Es könnte sich für Sie lohnen, den Urteilstext zu lesen, wenn die Veranlagungsstelle Ihnen  die Verlustverrechnung wegen § 8 c Abs. 1 S. 2 KStG versagt und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der dann festzusetzenden Steuern ablehnt. Jetzt können Sie dagegen erfolgreich Einspruch einlegen.

Donnerstag, 11. August 2011

Grunderwerbsteuer als abzugsfähige Betriebsausgabe / Ein Windpark besteht aus mehreren selbständigen Wirtschaftsgütern, die eine einheitliche Nutzungsdauer haben / Wann ist die Wertminderung bei Anteilen an Aktienfonds dauerhaft?


1.      Grunderwerbsteuer als abzugsfähige Betriebsausgabe

Grundsätzlich fällt beim Kauf eines Grundstücks Grunderwerbsteuer an. Diese beträgt in Sachsen 3,5 % des Kaufpreises. Es ist unbestritten, dass die Steuer zu den Anschaffungsnebenkosten des Grundstücks gehört und damit dessen Schicksal teilt, d.h. entweder gar nicht beim Erwerb von Grund und Boden oder mit 2,0 bis 3,0 % beim anteiligen Gebäudeanteil abgeschrieben werden kann.
Der BFH hat mit seinem Urteil v. 20. April 2011 I R 2/10 zur Grunderwerbsteuerbegründung durch den Sondertatbestand der Anteilsvereinigung Stellung genommen. Gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG fällt auch dann Grunderwerbsteuer an, wenn durch die Übertragung von Anteilen mittelbar oder unmittelbar mindestens 95 % der Anteile einer Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden. Das bedeutet z.B., dass ein Erwerber, der 94,9 % der Anteile an einer GmbH besitzt, durch einen Zukauf von 0,1 % der Anteile Grunderwerbsteuer auf den gesamten Grundbesitz der Gesellschaft begründet. Das ändert sich nun leider nicht durch das BFH Urteil.

Aber das Urteil ist insofern interessant, als dass danach die so begründete Grunderwerbsteuer nicht als Anschaffungsnebenkosten der hinzuerworbenen Geschäftsanteile, sondern als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben anzusehen ist. Der BFH begründete sein Urteil damit, dass das Grundstück unverändert im Eigentum derselben Gesellschaft steht und es sich nicht um eine „Anschaffung“, sondern lediglich um einen fiktiven Erwerb für grunderwerbsteuerliche Zwecke handelt.

2.      Ein Windpark besteht aus mehreren selbständigen Wirtschaftsgütern, die eine einheitliche Nutzungsdauer haben

Mit seinem Urteil vom 14. 4. 2011 (IV R 46/09; veröffentlicht am 1. 6. 2011) hat der BFH klargestellt, dass ein Windpark aus mehreren selbständigen Wirtschaftsgütern besteht. Außerdem führte er in seinem zweiten Leitsatz aus, dass alle Wirtschaftsgüter eines Windparks in Anlehnung an die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Windkraftanlagen grundsätzlich über denselben Zeitraum abzuschreiben sind. Im verhandelten Sachverhalt waren das 16 Jahre. Hier wich er von den Vorstellungen der Finanzverwaltung ab, die unterschiedliche Nutzungsdauern unterstellt hatte.
Dass der BFH in diesem Urteil verschiedene Nutzungsdauern anders festlegte als dies die Finanzverwaltung vorsah, ist nicht das spektakuläre dieser Entscheidung. Ich erwähne das Urteil insbesondere deshalb, weil die höchste Instanz, die über steuerliche Sachverhalte richtet, sich sehr ausführlich darüber ausgelassen hat, wann ein selbständiges Wirtschaftsgut auf andere selbständige Wirtschaftsgüter eine für die Nutzungsdauer prägende Wirkung ausübt. Und das unter Berücksichtigung (vgl. Tz 28a des Urteils) des Grundsatzes zur Einzelbewertung selbständiger Wirtschaftsgüter. Danach kann ein Wirtschaftsgut nur eine einheitliche Nutzungsdauer haben, unabhängig davon, ob einzelne unselbständige Teile des Wirtschaftsgutes eine kürzere oder längere Nutzungsdauer haben. Maßgebend sei die Nutzungsdauer des Teils, welches dem Wirtschaftsgut das Gepräge gibt. Der BFH überträgt also einen Gedanken, der ein einzelnes Wirtschaftsgut betrifft, auf eine Anlage, die aus mehreren selbständigen Wirtschaftsgütern besteht.
Mit dieser Entscheidung lässt sich auch eine Argumentationsbasis für völlig andere Sachverhalte schaffen, in denen die Finanzverwaltung Nutzungsdauern zu Lasten des Steuerpflichtigen verlängert.


3.      Wann ist die Wertminderung bei Anteilen an Aktienfonds dauerhaft?

Klar geregelt war bisher, dass eine voraussichtlich dauernde Wertminderung von Anteilen an einer börsennotierten Kapitalgesellschaft, die zu einer steuerlich wirksamen Abschreibung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG führen kann, dann vorliegt, wenn der Börsenwert zum Bilanzstichtag unter die Anschaffungskosten gesunken ist und zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung keine konkreten Anhaltspunkte für eine alsbaldige Wertaufholung vorliegen.
Nicht entschieden war allerdings, ob dies auch gilt, wenn Anteile an Aktieninvestmentfonds bewertet werden sollen. Das hat der Bundesfinanzminister mit einem Erlass zum Vorliegen einer voraussichtlich dauernden Wertminderung bei Anteilen an Aktienfonds, die als Finanzanlagen gehalten werden, nun nachgeholt (Schreiben v. 5. 7. 2011 – IV C 1 – S 1980 – 1/10/100011: 006).
Das BMF-Schreiben nimmt zur Bewertung von Anteilen an Investmentfonds Stellung, die mindestens 51 % des Vermögens in börsennotierte Aktien investieren. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse im Vermögen des Fonds zum Bilanzstichtag an. Besteht also das Vermögen zum Bilanzstichtag zu mehr als 51 % aus Aktien an börsennotierten Gesellschaften, ist eine Wertminderung eines Anteils am Fonds grundsätzlich in vollem Umfang anzuerkennen, wenn eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vorliegt. Das wiederum ist dann der Fall, wenn der Rücknahmepreis des Fondsanteils im Anlagevermögen zu dem jeweils aktuellen Bilanzstichtag um mehr als 40 % unter die Anschaffungskosten gesunken ist oder zu dem jeweils aktuellen Bilanzstichtag und dem vorangegangenen Bilanzstichtag um mehr als 25 % unter die Anschaffungskosten gesunken ist. Wertaufhellende Erkenntnisse bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Handels- oder Steuerbilanz sind zu berücksichtigen.
Bitte beachten Sie, dass die beschriebene Teilwertberichtigung nur bei einem betrieblichen Anleger, der eine natürliche Person ist, steuerliche Wirkungen entfaltet. Im Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft ergeben sich wegen § 8 b KStG keine steuerlichen Auswirkungen aufgrund einer Teilwertabschreibung auf Anteilsbesitz.